Copyright © by Den danske historiske Forening. Zusammenfassung: Per Øhrgaard Die Wandlungen eines dänischen Nationalisten. Carl Roos (1884-1962), Professor der Germanistik (107:2, 477)
Carl Roos (1884-1962), 1927-1950 Professor für deutsche
Literatur an der Universität Kopenhagen, war ein vielbewunderter Lehrer und
Redner, erwarb sich aber auch während der deutschen Okkupation einen Ruf als
Nationalsozialist, vor allem weil er 1941 einen Vortrag vor dänischen
NS-Studenten gehalten hatte. Im Herbst 1945 erteilte ihm die Universität einen
Verweis, doch dabei blieb es. Aufgrund von Studien im Nachlass Roos’ sowie
weiteren Quellen wird hier das Porträt eines Gelehrten gezeichnet, der
zweifellos einigen nationalsozialistischen Ideen nahe stand, zugleich aber als
dänischer Nordschleswiger national dachte. Roos hatte sich seine Vorstellungen
vor dem Dritten Reich gebildet und blieb ihnen, häufig in schroffer Form, treu;
er war kein Opportunist und biederte sich nicht bei der Besatzungsmacht an,
sondern zog sich zurück. Nach 1945 begegnete Carl Roos, der die Antimilitaristen
unter seinen Landsleuten immer als naive Träumer ohne Sinn für die
‘Wirklichkeit’ betrachtet hatte, Erik Scavenius (1877-1962), seinerseits ein
Anhänger der dänischen Abrüstungspolitik und während der Okkupation als
Außenminister und Ministerpräsident bis 1943 für die Verhandlungs- bzw.
Kollaborationspolitik hauptverantwortlich. Roos war tief beeindruckt von der
Persönlichkeit Scavenius’: Er erkannte in ihm den wahren Realpolitiker und
verwarf jetzt seinen früheren Heroismus als eine Verkennung jener ‘Wirklichkeit’,
der er nach wie vor das Wort redete. Carl Roos stand vor allem nicht in den 30er
Jahren mit seinen Ansichten nicht allein; der Aufsatz versteht sich daher als
Beitrag nicht nur zur Wissenschaftsgeschichte, sondern auch zur allgemeinen
dänischen Geistesgeschichte.
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